parkTV


Jörg:
Zu den einzelnen Punkten die auch auf dem Plakat zu sehen sind: Als erstes hat sich eigentlich dieses park_gespräch formuliert. Wir laden also zu diesem Gespräch verschiedene Leute ein, die zu gewissen Fragestellungen referieren. Eine ist natürlich die Videoüberwachung, wir haben dazu Herrn Kohl, Leiter des Dessauer Polizeireviers, eingeladen.

Michael: Wird diese Videoüberwachung auch von der Polizei durchgeführt? Es muß ja irgend jemand das Material anschauen. Ist das die Polizei oder ist das ein privater Sicherheitsdienst?

Jörg: Ich glaube nicht das ein privater Sicherheitsdienst beauftragt wurde und bei dem Vorgespräch mit Herrn Kohl hat sich auch nichts gegenteiliges ergeben. Die Polizei ist das ausführende Organ.

Stefan: Wobei man ergänzend dazu sagen muss, dass die Videoüberwachung ein Modellprojekt mit einer bestimmten Laufzeit ist und konkrete Informationen zur Zeit kaum zu bekommen sind. Uns ist deshalb auch noch unklar, welche Bereiche des Parks da nun eigentlich überwacht werden, wo befinden sich die Kameras und sind diese Kameras nach Ablauf des Modellversuchs noch im Betrieb oder nicht.

Michael: Also die Kameras wurden nicht deinstalliert. Wenn die Kameras noch da sind braucht es nur ein Mausklick um sie wieder in Gang zu setzen. Das ist ja das perfide an den Dingern, du weist nicht ob am anderen Ende das einer aufnimmt oder ob die ausgeschaltet sind.

Jörg: Ich denke, dass dies auch eine konkrete Frage an Herrn Kohl innerhalb dieser Gesprächsrunde ist. Um da mal ein bisschen Licht reinzubringen.

Michael: Die Bevölkerung war also positiv gestimmt über diese Bewachung. Die fühlten sich dadurch sicherer.

Jörg: Genau. Ich glaube auch das diese Statistik stimmt, die veröffentlicht wurde. Es ging seit der Videoüberwachung rapide ab mit der Dealerei im Park. Allerdings hat sie sich verlagert.

Michael: Darüber gibt es bestimmt keine Statistik.

Jörg: Weiterhin haben wir Herrn Platz dazu eingeladen. Von der SPD-Fraktion wurde er als OB-Kandidat aufgestellt, verlor jedoch gegen den alten und somit neuen OB. Durch diverse politische und vor allem persönliche Turbulenzen wird er in Kürze das Rathaus verlassen. Leider. Er ist wirklich ein engagierter Politiker und dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen. Das er uns nicht entsprechend unterstützen kann bedauerte er sehr, aber da muss wohl einiges vorgefallen sein, so dass ihm jetzt sozusagen »die Hände gebunden sind«. Seine Gesprächsteilnahme hat er jedoch erst einmal zugesagt. Er hat in verschiedenen Initiativen mitgearbeitet, unter anderem in einer Zukunftswerkstatt »Lebenswerter Stadtpark«. Es ist auch unser Anliegen da eventuell anzuknüpfen um vielleicht mit anderen Gedanken und Ideen neue Impulse zu setzen.

Michael: Läuft diese Zukunftswerkstatt noch weiter?

Jörg: Diese Zukunftswerkstatt war an einem Wochenende und die Ergebnisse wurden in einer Dokumentation veröffentlicht. Der Herr Platz sagte aber, dass sie sich gewünscht hätten, wenn diese Ideen weiter in der Diskussion geblieben wären. Bloß durch den OB Herrn Otto wurde da eigentlich ein Riegel davor geschoben und keine weiteren Gelder zur Verfügung gestellt. Ich glaube er meint, dass da überhaupt kein Problem vorliegt, dass so gelöst werden könnte. Der Herr Platz hat sich gefreut das Leute wie wir, von außen, diese Problematik des Stadtparks aufnehmen und somit vielleicht auch für den schon begonnenen Prozeß mit der Zukunftswerkstatt Impulse geben könnten um diesen Prozess wieder zu beleben.
Weiterhin haben wir für dieses Gespräch eine Konfliktmanagerin in Bürgerbeteiligungsprozessen, Frau Lück aus Berlin, eingeladen. Da wiederum diese Bürgerbeteiligung für uns ganz wichtig ist und darüber kommen wir zum nächsten Punkt, dem park_brief. Wir werden ca. zwei Wochen vor diesem Gespräch ein Leserbriefforum initiieren dass sich wiederum mit der Web-Seite verbindet.

Michael: Wo jeder Vorschläge machen kann.

Jörg: Genau, auch hier diese Bürgerbeteiligung.
Dazu kommt die park_aktion, eine Absperrung die von uns als provokantes Mittel eingesetzt wird. Um damit zu sagen, »dieser Park wird jetzt abgeschafft, er ist nicht angenommen, er wird kaum wahrgenommen, also was wäre wenn...«, um so ein bisschen die Leute anzustacheln dass sie mal ihr Meinung zu diesem Park äußern.

Michael: Diese Komponente fällt jetzt aber weg.

Jörg: Die fällt jetzt weg. Aber vielleicht dazu später noch etwas.
Am Anfang von diesem Tag wollen wir ein park_spaziergang durchführen. Es gibt eine Agentur die heißt »reisewerk« , die in Dessau Stadtführungen veranstaltet und die haben wir angesprochen und sie werden direkt für den Park eine Parkführung entwickeln um mal ein bischen in die Geschichte einzutauchen. Wir werden da also eine kappe Stunde durchflanieren. Am Nachmittag wird das schon angesprochene park_gespräch im Rathaus-Center durchgeführt und am Abend wollen wir den film_park als Abschluss setzen. Auch als ein Vorschlag der nicht einmalig bleiben brauch. Es wäre doch toll, wenn sich in den Sommermonaten ein Freilichtkino in diesem Park etablieren könnte. Man macht ein Programm und die Leute treffen sich da um ein Film anzuschauen. So etwas existiert noch nicht in Dessau.
Also das sind so diese Ideen die wir im Laufe der Zeit entwickelt haben, als Einstieg und erste Phase. Im Grunde so ein geschnürtes Paket um mit den verschiedensten Leuten ins Gespräch zu kommen. Dies könnte eventuell die Grundlage für eine nächste Phase sein. So viel zur Vorstellung des Projektes.

Johannes: Ein Beispiel für die Fortführung in einer nächsten Phase ist der Gedanke, die Bretter der Absperrung in einem Schnitzprojekt im Park mit Kindern und Jugendlichen zu verwenden.

Michael: Nach der Woche, in der sie als Absperrung fungierten.

Johannes: Ja, diese Absperrung wird sozusagen transformiert.

Michael: Warum wurde die symbolische Absperrung verboten?

Johannes: Ich denke, dass da eine bestimmte politische Konstellation in diesem Rathaus durch die OB-Wahl eine Rolle spielte und die persönliche Einstellung des Herrn Otto. Wir sind mit dem Grünflächenamt in Verbindung getreten um eine Genehmigung zu bekommen und es wurde uns überhaupt nicht signalisiert dass es unmöglich wäre. Das Projekt fanden die eigentlich ganz gut und die Problematik war ihnen auch schon bewußt.

Jörg: Die letztendliche Entscheidung liegt dann aber wohl doch bei einer Person und der Herr Otto hat sich eben dagegen gestellt. Es gab jedenfalls diese OB-Runde, in der wöchentlich die ganzen Dezernenten zusammenkommen und in dieser Versammlung wurde das Projekt nicht genehmigt.

Michael: Auch nicht in anderer Form? Es hätten ja Gegenvorschläge gemacht werden können. Es wurde einfach gesagt: Alles andere könnt ihr machen aber die Absperrung nicht.

Stefan: Ich denke schon dass es sehr bezeichnend ist dass es letztlich zwei konkrete Projektteile getroffen hat, die in dem tatsächlichen öffentlichen Raum stattfinden sollten. Damit aber auch städtischer Verwaltung und Entscheidung unterlagen. An dieser Stelle erkennt man doch deutlich das Allgemeine der Fragestellung. Also nicht: wem gehört sozusagen der öffentliche Raum sondern wer entscheidet über das was in ihm an Öffentlichkeit und Aktivität passiert? Insofern verwundert es mich nicht, dass andere Projektteile, die zum Beispiel im privaten städtischen Raum der Einkaufsmall stattfinden, von diesen Problemen ja gar nicht betroffen sind.

Jörg: Die wir natürlich jetzt sehen und diese Frage eröffnet sich uns. Bloß in diesem Detail, glaube ich, haben die gar nicht das Projekt behandelt sondern sie haben es als Gesamtveranstaltung nicht genehmigt. Sie können zwar nur davon zwei Punkte, die Absperrung und den Filmabend, verhindern aber dem gesamten Projekt stehen sie ablehnend gegenüber und speziell der Herr Otto stellt sich dagegen.

Michael: Das ist doch jetzt aber nur Spekulation. Oder?

Jörg: Nein. Wenn wir die Gesprächsrunde in den Stadtpark verlegt hätten, dann wäre dieses Gespräch auch nicht genehmigt worden. Da wir es aber im Rathaus-Center durchführen, in dieser Einkaufsmall, kann es die Stadtverwaltung nicht verhindern. Das Centermanagement ist dagegen sehr kooperativ und unterstützt uns bei der Durchführung dieser Veranstaltung. Ausserdem wollten wir zu diesem Gespräch die TeilnehmerInnen der Zukunftswerkstatt »Lebenswerter Stadtpark« einladen. Die Adressenliste wurde als geheime Verschlussache behandelt und war nur über das Büro des OB zu erhalten. Wir haben diese natürlich nicht bekommen.

Michael: Befindet sich in diesem Center auch »Schaulandt«?

Stefan: Genau. In dem Einkaufscenter ist auch die Elektronikabteilung von »Schaulandt«. Dort wird von uns ein Infostand aufgebaut und die einzelnen Punkte des Internet-Projektes vorgestellt. Auf einer vorhandenen Monitorwand ist unser virtueller Stadtpark zu sehen und an zwei Terminals werden Internetzugänge bereitgestellt. Da besteht dann die Möglichkeit über Baumpatenschaften an diesem städtischen Diskurs teilzunehmen.

Michael: Baumpatenschaften. Was ist das?

Stefan: In diesem virtuellen Park sind Bäume gepflanzt und diesen zunächst leeren Bäumen kann man bestimmte Meinungen zuordnen und sie so zu etwas eigenen machen. Also man kann zum Beispiel das Statement des Vorgängers lesen und kann dann seine eigene Meinung in der nähe pflanzen. So entsteht eine art Kommunikation der Parkbesucher...

Michael: Virtuell? Oder würde das als Tafel auch an so einem Baum im Park angebracht oder wäre das nur auf der Homepage zu sehen?

Stefan: Das ist der rein virtuelle Teil...

Michael: ...aber es bezieht sich auf reale Bäume die im Park existieren. Oder?

Stefan: Nein, der Park im Internet fungiert im Grunde als Parallel-Raum der Möglichkeiten besitzt, die im konkreten Raum so gar nicht mehr möglich sind. Der virtuelle Park mit seiner Spieleästhetik stellt so eher eine Erweiterung der Öffentlichkeit und des Raumes dar, ohne etwas exakt nachbilden oder nachahmen zu wollen.

Michael: Aha, das hatte ich nämlich genau andersherum verstanden. Das dass sozusagen ein Ansatz von euch wäre, tatsächlich eine stärker Bindung der Leute an konkrete Objekte im Park zu schaffen, z.B. an Bäume. Die haben ja ihre Mystik und Magie. Das ist ja auch eine erwiesene Sache, wenn Leute einen Anhaltspunkt haben an so einen Ort der für sie im Moment nur ein Durchlaufraum ist, dass da eine Bindung entstehen kann. So hatte ich das zuerst verstanden.

Jörg: Das ist zunächst im übertragenen Sinn die virtuelle Bindung. Das heißt eine Idee mit diesem Park zu verknüpfen und damit die Verbindung und Identifikation mit dem realen Ort zu schaffen.

Michael: Würdet ihr auch reale Bäume nehmen wollen? Geht es tatsächlich darum es virtuell zu lassen?

Stefan: Ich denke das jede Ebene die wir im Projekt etabliert haben eine eigene Gesetzmäßigkeit hat und unterschiedliche Gruppen von Menschen anspricht und das konkret diese Internet-Ebene, wenn man die jetzt noch mal herausgreift, nicht so stark an diese Realität gekoppelt sein darf.

Michael: Aber die Tatsache, dass ihr nicht in die Richtung denkt, reale Bäume im realen Park zu verwenden deutet für mich auch darauf hin, dass ihr der Sache misstraut. Ich glaube, das ihr euch keinen Effekt davon versprecht. Das es sozusagen keine Lösung wäre. Deshalb möchtet ihr es lieber als ein Gedankenprojekt im Internet haben.

Jörg: Die reale Situation lässt es nicht so zu, wenn das jetzt eine Fläche wäre wo wenig Bäume stehen würden, dann wäre es vielleicht auch ein realer Ansatz aber da stehen sehr viele Bäume, sehr schöne Bäume und diese Rasenflächen dann mit Bäumen zu Bepflanzen würden wir gar nicht als Anliegen bezeichnen. Es gibt andere Ideen, die für eine zweite Phase schon angedacht sind.

Michael: Warum heißt Baumpatenschaft automatisch einen neuen Baum pflanzen?
Man könnte ja auch die vorhandenen Bäume im Park nehmen. Mich hat es nur gewundert. Es geht ja darum, dass die Leute diesen realen Park eigentlich nicht annehmen und viele ihn nur als Transitraum betrachten. Diese Vorschläge, die ihr macht, sind dann aber zum Teil eher so virtuell dass sie gar nicht von den Leuten ins Reale übersetzt werden.

Stefan: Da ist es schon wichtig, wie man auf so eine Situation zugeht und in was für einen Zeitraum sieht man eigentlich so ein Projekt. Also ich denke wir sind uns alle einig, das es ein Grundstein, eine Untersuchung, ein erstes herantasten ist, um dann aus diesen, wie du jetzt sagst virtuellen Ergebnissen, was mir als Begriff gar nicht so gefällt, dann in eine nächste Phase zu kommen, wo dann Dinge konkreter werden könnten.

Michael: Also die Woche von Montag , wo eigentlich der Park hätte abgesperrt werden sollen bis Sonntag wo die Dikussionsveranstaltung ist, dass ist erst mal »Spurensicherung«.

Jörg: Es ist auch eine Kommunikationsstruktur, die wir in dieser ersten Phase »pflanzen« wollen, die im Moment dominiert. Wir sind ja auch nicht diejenigen, die von außen kommen und sofort wissen an was es mangelt und dann gleich Vorschläge machen, was da fehlen könnte. Sondern eher dieses langsame herantasten und Nachfragen.

Michael: So etwas hat ja auch immer eine gewisse Anlaufzeit bis jemand darauf Aufmerksam wird. Unter dem Aspekt, dass die Absperrung nicht stattfinden darf, ist der Zeitraum von einer Woche dann lang genug? Also ohne diese erste Provokation. Die hätte sicherlich viel Publicity erzeugt, viele Leute würden auf die Homepage schauen oder es in der Zeitung wiedererkennen und sich dazu äußern. Wenn dass jetzt wegfällt, reicht da die Woche noch?

Jörg: Wir wollten das schon zeitlich komprimieren um so ein Prozess auch in einer gewissen Spannung zu halten. Natürlich, jetzt stehen wir schon vor der Frage und vor der Situation dass zwei Teile des Gesamtprojektes wegbrechen. Ist das Projekt jetzt noch stark, bekommt dieses Mißtrauen der Stadtverwaltung uns gegenüber solch ein Gewicht, dass sich das Projekt und Fragestellungen des Projektes ändern? Das beschäftigt uns natürlich.

Michael: Warum wurde der film_park verboten? Auch ohne Begründung?

Johannes: Ja, ohne Begründung. Das ist einfach die Tatsache, dass wir dort nicht agieren sollen. Das zeigt, dass es nicht um das Thema der Absperrung geht sondern es ist grundsätzlicher Natur.

Michael: Alles andere, virtuell und außerhalb des Parks...

Jörg: ...wäre auch nicht genehmigt worden,

Michael: ... aber da haben sie keine Handhabe. Da der Stadtpark als öffentlicher Platzt wahrscheinlich der Stadt »gehört«, als Verwalterin, können die sagen: Nein.
Das ist aber ein interessantes und eigenes Thema. Wie werden Künstler in der Gesellschaft gesehen. Natürlich ist es ein Randthema in der Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum. Der Platz ist voll mit Bronzesachen oder sonst was und eigentlich interessiert es niemanden so richtig.

Jörg: Natürlich, da wird der Künstler zugeordnet. Findet diese Zuordnung nicht so direkt und konkret statt, dann wird der Künstler irgendwo undefinierbar. Er ist nicht mehr richtig einzuordnen. Ich denke, das ist auch so ein Punkt, dass wir für die Stadt nicht so richtig einzuordnen sind.

Michael: Wenn ihr als freie Stadtplaner auftreten würdet und nicht als Künstler...

Jörg: ... dann wäre es klarer.
Sie haben ihr Geld in den neuen Brunnen »gepumpt«, der wohl sehr teurer war und erst vor ca. drei Jahren eingeweiht wurde. Insofern hat diesbezüglich der Künstler seine Tätigkeit schon getan und seine Funktion erfüllt und das ist eine ganz klare Zuordnung.

Michael: Den Park könnte man doch ohne weiteres als steriles Schaustück bezeichnen.

Johannes: Ja, es ist da keine interne Belebung vorhanden.

Michael: Natürlich gibt es in anderen Städten auch Gegenbeispiele.

Stefan: Bei diesen positiven Beispielen kann man sagen, dass diese gewachsen sind. Es ist etwas entstanden, was Zeit hatte zu entstehen. Das kann dann auch durch irgendwelche äußeren Einflüsse ganz schnell wieder vorbei sein oder eben erst gar nicht entstehen können.

Michael: Stimmt. Wenn aber einmal so etwas etabliert ist, dann gibt es ab einen gewissen Punkt wirklich Widerstand der Bürger. Du kannst jetzt zum Beispiel den allein erziehenden Müttern den Rosenau-Park in Nürnberg nicht mehr weg nehmen. Da ist einfach ein Kinderspielplatz und am anderen Ende ist das Café und die Leute fühlen sich da wohl. Ich glaube da käme dann irgendwann Gegenwehr. Sobald es etabliert ist und genug Leute sagen: Das ist lebenswert für uns. Mit einem Park, der eher steril ist und ein Schaustück, kann natürlich eine Stadtverwaltung alles machen, weil niemand so ein richtiges Interesse daran hat. Die Verbesserungsvorschläge könnten ja auch nur greifen wenn es die Bürger selber umsetzen. Wenn man das denen vor die Nase setzt funktioniert es, glaube ich, nicht. Du kannst jetzt nicht noch eine Skulptur hinstellen oder irgendetwas mit Beton pflastern das als Roller-Skater-Bahn benutzt werden kann. Da ist es viel besser wenn die Leute sagen: Mensch da ist was, das könnte man ja so nutzen, da ist ein Leerraum der nicht ganz definiert ist. Aber das Problem ist eine Überdefinition des Platzes. Der ist schon zu sehr definiert, ohne Freiräume den anders zu nutzen.

Johannes: Man kann, glaube ich, auch sagen dass der Park für die Bewohner der Y-Hochhäuser eigentlich zum Garten geworden ist. Weil der Park ursprünglich größer war da diese Hochäuser anfang der 70-er Jahre dort hineingebaut wurden. Aber es findet keine Verbindung zum Park statt.

Jörg: Das ist aber so eine Empfindungssache. Für mich stehen diese Y-Häuser eigentlich ganz klar außerhalb des Parks, durch diese diffuse Situation von Parkplätzen und Absperrungen die sie vom Park trennen. Wenn das ganze Zeug weg wäre, dann ständen sie schon mehr im Park.
Wenn man diesen Park sich so anschaut, dann könnte man durchaus sagen: Das ist doch alles hier sehr schön, was soll denn da nicht stimmen, die Schmuddelecken sind ziemlich reduziert, schöne Wiesen, schöne alte Bäume....

Stefan: Ich weiß nicht, ob wir die aktuelle städtische bzw soziale Situation von Dessau schon angesprochen haben. Das finde ich sehr wichtig. Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Stadt in den letzten zehn Jahren, ich denke, fast ein viertel seiner Einwohner verloren hat. Durch die angespannte ökonomische Situation mussten viele Einwohner ihre Stadt auf der Suche nach Arbeit verlassen. Wie ich gelesen habe wird vermutet, dass diese Tendenz der Abwanderung sich in den nächsten Jahren auch nicht ändert und der Tiefpunkt somit noch nicht erreicht ist.

Michael: Wahrscheinlich ziehen eher die jüngeren weg.

Stefan: Genau. Das ist ein Grund für eine zu spürende Schieflage in der Stadt. Gerade in einer luftigen Stadt wie Dessau macht sich der Verlust einer Verdichtung besonders bemerkbar. Die unwirtlichen Zentren sollen natürlich wieder irgendwie belebt werden und dann eben mit Projekten wie so eine überdimensionierte Mall, die einfach wie ein schwarzes Loch wirkt. Die Mall ist voll und du gehst raus und die Stadt scheint irgendwie ausgestorben zu sein. Beides, die soziale und die städtische Situation, sind Entwicklungen die sich dann verstärken. Wer darf und die Kaufkraft hat ist in der Mall. Das hat auch für den Stadtpark Konsequenzen. Denn das Einkaufscenter steht ja direkt neben dem Park. Wenn da Verbindungen stattfinden würden, wäre das sehr positiv für diese Situation.

Michael: Was für Verbindungen?

Stefan: Eine Verbindung zwischen diesem neuen Zentrum Dessaus, der Mall und dem Stadtpark, der im Grunde unbelebt und verwahrlost vor der Tür liegt.

Michael: Na ja, gut, aber wenn etwas unbelebt ist, ist es unbeliebt. Also wenn die Leute lieber in die Mall gehen, ihr habt sie euch sicher schon angeschaut, da gibt es doch bestimmt einen Springbrunnen wo die Leute sich viel wohler fühlen.

Stefan: Ja, und deshalb auch die Idee eine künstliche Parklandschaft dafür zu schaffen, mit installiertem Vogelgezwitscher und Blumen, das eben zu thematisieren.

Michael: Das ist schon sehr interessant, das diese Malls so viel Zustimmung auslösen. Es scheint einfach der Marktplatz zu sein. Dieses Einkaufscenter ist bestimmt der beliebteste Ort von Dessau.

Stefan: Andererseits wird dann wieder versucht mit bestimmten Regularien und Förderungen andere Bereiche des Zentrums aufzuwerten, weil man merkt das es dem Stadtimage schadet, wenn das Zentrum der Stadt mit einer Mall gleichgesetzt wird. Also: damit dann doch noch so etwas wie eine Fußgängerzone entsteht greift man regulierend ein. Gestaltet mit standartisierter Stadtmöblierung, pflanzt die obligatorischen Bäume und stellt dann plötzlich fest, dass es gar nicht so richtig funktioniert. Das Stadt so einfach nicht belebt werden kann. Das zeigt zumindest immer wieder die Grenzen von gewissen Planungsansätzen und der ökonomischen Realität auf.

Michael: Von daher macht es natürlich auch Sinn, das hatte ich vorher auch noch nicht so richtig verstanden, dass eure Homepage diese Computerspielästhetik hat. Alles wunderschön gemacht aber da dachte ich zuerst, ob das denn dieser Situation angemessen ist.
Im übrigen finde ich gut dass es nur am Rande um diesen Mord geht, es wäre fürchterlich wenn das der Aufhänger wäre.
Ja, das macht jetzt natürlich Sinn, da ist dieser reale Park, der auf eine sterile Weise verwahrlost und nicht lebendig ist. Andererseits in dieser künstlichen Gegenwelt Mall sich alles konzentriert und die sich ja direkt daneben befindet. Da erscheint es mir logisch das ihr die Diskussionsveranstaltung dort macht und das die Homepage diesen künstlichen Aspekt hervorhebt.

Stefan: Genau. Und aus diesen Gedanken resultieren auch solche Dinge wie: Der Park wird abgeschafft. Der konkrete, reale Raum braucht im Grunde eine Neubewertung um wieder attraktiv zu sein. Also wenn das überhaupt noch möglich ist in der Konkurenz zu diesen neuen künstlichen Welten die letztendlich auch deswegen entstehen weil sie tatsächlich mehr Entfaltungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bieten, weil sie irgendwie lebenswerter sind.

Michael: Meinst du die Kunstwelten?

Stefan: Die Kunstwelten wie die Mallwelten wie die virtuellen Welten.

Michael: Du sagst, der Park braucht eine neue Definition Aber wir haben ja auch schon gesehen dass die Definition nicht von oben kommen kann. Die muß ja wachsen, die muß entwickelt werden von Usern. Das ist wie in der chinesischen Philosophie, wo es heißt, ein Weg wird dadurch zum Weg das er beschritten wird.

Stefan: Das gefällt mir. Obwohl nach meiner Erfahrung wenig Interesse seitens der Stadt besteht, dass sich etwas unkontrolliert umwertet. Wächst. Eher sehe ich die Tendenz durch Konstruktionen, wie Marketingkonzepte die Stadt im Konkurenzkampf gegen die Perepherie und Einkaufszentren selbst in etwas künstliches zu verwandeln. Welcome to the Pleasuredome....

 

Das Interview führte Michael Schneider im Sommer 2001 in Nürnberg mit dem buero für integrative kunst, Jörg Amonat, Stefan Krüskemper und Johannes Volkmann.

 

  inetbild
  Das buero im Gespräch über die Videoüberwachung des Stadtparks in Dessau und die Erfahrungen der Projektarbeit vor Ort...
Warum Dessau?
Programm
Reaktionen
Interview
   
  Es ist Realität, denn der Rückzug in private Räume hat längst stattgefunden...
Jörg Amonat
   
  Unterstützt wurde das Projekt »parkTV« durch das Stipendium des Bayerischen Staatsminsteriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sowie...
Projektunterstüzung
   

 

»Seit über 30 Jahren lebe ich am Stadtpark und mir hat es immer sehr gut gefallen. Aber ich fand die Jahre, in denen mit Drogen gedealt wurde, fürchterlich. Ich konnte regelmäßig sehen wann und wo Leute kamen und sich ihren Stoff abgeholt haben. Das mit der Videoüberwachung finde ich gut.«
Bürgerin aus Dessau

»Sie haben die ganze Zeit von einem öffentlichen Raum gesprochen. Ich denke, er ist mit der Überwachung schon geschlossen. Deshalb brauchte es dieser Instellation des bueros gar nicht, das hat die Poizei längst getan. Sie hat den Stadtpark geschlossen. ... Wir reden hier über einen Raum der längst kein öffentlicher Raum mehr ist, weil er ein überwachter, ein beobachteter und damit Verhaltensanpassungsdruck erzeugender Raum ist und kein frei zugänglicher.«
Bürger aus Dessau

»... und wenn man viele Leute hört, die sagen alle, sie fühlen sich nicht mehr sicher im Stadtpark. ... Die meisten fühlen sich mit einer Videoüberwachung sicherer, viele die dagegen sprechen, und ich will da niemandem zu nahe treten, aber die haben etwas zu verbergen.«
Bürgerin aus Dessau

 

 


Kontext Dessau
1738-1741 entstand das Palais des Prinzen Eugen in einem nüchternen barocken Stil mit einem dazugehörigen Garten an der Kavalierstraße.
1792 wurde es Sitz des Erbprinzen Friedrich. Das Gebäude wurde gründlich überholt und der dazugehörige Garten zwischen Palais und Stadtmauer neu gestaltet. Es entstand u.a. eine mit Blumenrabatten geschmückte Zirkelanlage und ein Orangeriehaus unmittelbar hinter der Mauer. Dies ist der historische Kern und älteste Teil des heutigen Stadtparks.
1883 erfolgte der Abriss des erbprinzlichen Palais und an dessen Stelle entstand von 1884-1888 das herzogliche Palais, das zum Wohnsitz des regierenden Landesherrn wurde.
1926 kam es zu vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem herzoglichen Haus, dem Freistaat Anhalt und der Stadt Dessau. Die Stadt erklärte sich bereit das Gebäude zu übernehmen. Interesse bestand jedoch nur am anliegenden großen Garten. Das Palais selbst wurde abgerissen.
Am 11.6.1927 wurde aus dem Palaisgarten der Stadtgarten und für die Dessauer Bevölkerung frei zugänglich. Das Orangeriehaus, das heutige Teehäuschen, baute man für eine ständige Blumen- und Gartenschau aus und legte davor eine große Rosenanlage an. Weiterhin entstand ein Steingarten mit künstlichem Bachlauf und Quelle und die Stadt stiftete eine auf Dessauer Ortszeit berechnete Sonnenuhr.
Während des 2. Weltkrieges entstanden im Stadtgarten Beete mit Gewürz- und Heilkräutern, Wildgemüse und anderen Pflanzen zur Belehrung der Bevölkerung. Des Weiteren wurden Kartoffeln angebaut.
1948 begann man die Ruinen der zerstörten Gebäude um den Garten zu beseitigen und den vernichteten Baumbestand zu ergänzen.
1950 hieß der Stadtgarten nun offiziell Stadtpark. In tausenden Aufbaustunden halfen viele Freiwillige bei der Umgestaltung mit.
1952 wurde der 125. Todestag des Dichters Wilhelm Müller begangen und dessen Denkmal am Westeingang des Stadtparks aufgestellt. (Seit 1891 stand es in der Kavalierstraße, 1941 durch den Bau eines Luftschutzbunkers ausgelagert fand es 1971 im Park seinen endgültigen Platz an den Reststücken der Stadtmauer.)
In den 1950er Jahren kamen weitere Denkmäler und Skulpturen hinzu: das Denkmal Friedrich Schneiders (1786-1853), Dessauer Hofkapellmeister (es stand von 1890 an in den Bahnhofsanlagen), die Skulptur »Zentaurengruppe« (1896 im Schlossgarten aufgestellt) und als zeitgenössische Arbeit die Bronzeplastik »Ziegenreiterin«.
Der Pavillon des Teehäuschens überstand den Krieg relativ unversehrt. So wurde das Haus erst als Kindergarten, dann als Eisdiele und Milchbar und ab 1959 als Café genutzt. Steigende Besucherzahlen machten 1967 einen Anbau erforderlich.
1960 war die Einweihung des »Mahnmal für die Opfer des Faschismus«, das sich im Park an der Seite zur Kavalierstraße befindet.
Zwischen 1965 und 1972 kamen weitere Gestaltungspläne zur Realisierung: Der Teil des Stadtparks vor der Hauptpost wurde neu hinzu gewonnen und begrünt, ein Teil der Stadtmauer erneuert, der Blick vom Teehäuschen in den historischen Teil der Anlage geöffnet.
1970/71 entstanden die drei Y-Häuser. Der Spielplatz und der große Springbrunnen waren weitere Baumaßnahmen.
1977 fand auf dem Rondell die erste Weltmittagsuhr ihren Platz.
1979 wurde die Büste des Philosophen Moses Mendelssohn zu dessen 250. Geburtstag im Stadtpark enthüllt.
1998 begann die Neugestaltung des großen Springbrunnens mit dem Titel »Stadtgespräch«. Figuren und Büsten aus Bronze befinden sich im und um den Brunnen miteinander im Gespräch.
2000 kam es zur Aufstellung einer Stele die an Alberto Adriano, einem mosambikanischen Mitbürger, erinnert. Er wurde an dieser Stelle von rechtsradikalen Jugendlichen aus Wolfen und Burxdorf ermordet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

film_park

 

 


Gerald Kohl, Leiter des Dessauer Polizeireviers»Ich verstehe das Problem Stadtpark als sehr zentrales Problem, weil es auf die ganze Stadt ausstrahlt. Haben wir viel Kriminalität im Stadtpark, haben wir viel Kriminalität in der Stadt. In dem viertel Jahr, wo die Videoanlage scharf lief, ist keine einzige Aufzeichnung getätigt worden. Es gab keine einzige Ordnungswidrigkeit oder Straftat die den Kollegen per Videoüberwachung sichtbar geworden ist. Das heißt nicht, dass nichts passiert ist. Darum sage ich, dass ist das verlängerte Auge des Polizeibeamten. Aber aus einsatztaktischen Gründen hat es uns und ihnen als Steuerzahler jede Menge Polizei vor Ort gespart.«

Kerstin Lück, Konfliktmanagerin, Berlin
»Es kommt mir so vor als ob die Experten, die ja heute auch hier sind, so ihre Projekte machen und auf der anderen Seite sind die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Ideen und Visionen und es gibt wenig Momente, so wie heute, wo das zusammenfließt. Und es gibt offenbar noch nicht den Bürgermeister, der sich die ganzen Ideen holt und daraus etwas macht. Die Frage ist doch: Wo passiert das?«

Dr. Klaus Klemp, Kulturamtsleiter, Frankfurt / M.
»Man kann heute Städte nicht mehr mit Kunst möblieren die eigentlich ins Museum gehört ... Kunst bekommt einen anderen Stellenwert. In dieser schwierigen Gemengelage von unterschiedlichen Werten und Ideen kann Kunst zum Beispiel sensibilisieren und eine Art Navigator durch dieses schwierige Feld werden. ... Diese Navigationsfunktion von Kunst in dieser differenzierten Welt ist ein ganz wichtiges Element.«

Boris Krmela, Stadtplaner, Dessau
»Das Problem ist schon deutlich geworden: Wenn man dieses Center verlässt kann man nicht so einfach auf die andere Seite zum Park gehen. Ob allerdings ein Bedürfnis da ist, diesen Weg auch zu gehen, dass weiß ich im Moment gar nicht so genau. ... Die Qualität dieses Parks hängt sicherlich auch mit der Identität dieses Ortes zusammen. Dieser Stadtpark hat für mich im Moment keine Qualität die ihn als identitätsstiftenden Ort in der Stadt in Erscheinung treten lässt. ... Für mich als Stadtplaner ist eine Videoüberwachung eigentlich die allerletzte Hilfe für einen Ort.«

»... die Idee eines Parkwächters, ein älterer Herr der dort seinen Dienst macht,
wäre durchaus zu überprüfen.«

Bürger im park_gespräch

 

Thomas Steinberg, Redakteur der Mitteldeutschen Zeitung, Dessau
»Ich denke, auch wenn wir heute zu keinen konkreten Ergebnissen gekommen sind und auch niemand sagen kann, dies und jenes wird jetzt als nächstes geschehen, der Stadtpark ist zumindest erst einmal wieder ein kleines Stückchen ein Thema geworden. Es sind einzelne Anregungen gekommen die möglicherweise auch so noch nicht da waren und es wird hoffentlich weiter darüber zu reden sein. Und wenn wir das geschafft haben, das weiter darüber geredet wird, aber auch gestritten wird, dann denke ich hat das buero für integrative kunst eine ganze Menge bewirkt.«

 

 

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